Abschiebungen und Soziale Arbeit
Von Sebastian Muy
Während eine Asylrechtsverschärfung die nächste jagt und Bundesregierung und Behörden den Abschiebedruck erhöhen, wird auch in der Sozialen Arbeit vermehrt über den Umgang mit Abschiebungen diskutiert.
Im Juni 2013 kam es vor dem Abschiebegefängnis in Eisenhüttenstadt nach dem Suizid eines von Abschiebung bedrohten Geflüchteten zu Protesten. Aktivist*innen schlugen im Rahmen einer Protestaktion mit einem Fahrradständer ein Loch in den Zaun des Abschiebegefängnisses, ein Aktivist drang auf das Gelände des Abschiebeknastes vor, es wurden „kein mensch ist illegal“-Fahnen in den Stacheldraht gehängt, die Polizei drängte die Demonstrant*innen schließlich gewaltsam unter Verwendung von Pfefferspray vom Zaun ab. Am Rande des Tumultes kam es zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen einer Sozialarbeiterin und einer antirassistischen Aktivistin. Die Aktivistin warf der Sozialarbeiterin vor, als Sozialarbeiterin „für das System” zu arbeiten und an Abschiebungen mitzuwirken. Die Sozialarbeiterin entgegnete, sie wisse doch gar nicht, was sie mache, als Sozialarbeiterin helfe sie den
Menschen, und so etwas müsse sie sich nicht anhören.
Die geschilderte Situation ist ein Beispiel dafür, wie unterschiedlich Soziale Arbeit im Zusammenhang von Asyl- und Abschiebepolitik wahrgenommen wird. Für die Aktivistin aus der autonomen antirassistischen Szene ist Sozialarbeit in diesem Kontext per se ‚systemerhaltend’ (und sonst nichts), für die Sozialarbeiterin ist ihre Arbeit ‚Hilfe für die Menschen’ (und sonst nichts). Die beiden Positio- nen stehen sich unversöhnlich, ohne konsensuale Schnittmenge, gegenüber. Ambivalenzen und Widersprüche werden in diesen Perspektiven – zumindest im Rahmen dieser kurzen verbalen Auseinandersetzung – nicht sichtbar.