Wie regieren in Afrika?
Von Laura Stielike
Wie regieren in Afrika?
Über koloniale Kontinuitäten deutscher Entwicklungspolitik.
In der aktuellen deutschen Entwicklungspolitik stellt sich die Frage des Regierens in doppelter Hinsicht. Erstens geht es unter dem Stichwort Good Governance darum, wie afrikanische Staaten sich selbst besser regieren können. Zweitens erörtern Verantwortliche im Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) die Möglichkeiten, auf diese Formen der Selbstregierung effektiv Einfluss zu nehmen, wie also indirekt in Afrika regiert werden kann. Auch in der Ära Dernburg des deutschen Kolonialismus diskutierte man intensiv, wie in Afrika regiert werden sollte. Unter dem damaligem Leiter des Reichskolonialamts Bernhard Dernburg galt es nach der Kolonialkrise zu Beginn des Jahrhunderts, eine moderne, ökonomisch-rationale und wissenschaftliche Kolonialpolitik zu formulieren.
Im Folgenden sollen drei Kontinuitäten zwischen den heutigen entwicklungs- und früheren kolonialpolitischen Debatten um die Frage des Regierens in Afrika herausgearbeitet werden: Erstens die Vorrangstellung der Ökonomie, zweitens die Vermittlung von Wissen, drittens die simultane Herstellung von Gleichheit und Differenz.
Deutsche Entwicklungspolitik in Zeiten von Good Governance
Im Jahr 1989 formulierte die Weltbank die These, der Grund für die Entwicklungsprobleme Afrikas sei eine Krise des Regierens. Sie stellte also die Strukturanpassungsprogramme1 , die sie gemeinsam mit dem IWF in den 1980er Jahren durchgesetzt hatte, nicht grundlegend in Frage. Vielmehr erklärte sie den Mangel an funktionierenden öffentlichen Institutionen, die in der Lage wären, den Strukturanpassungsprozess effektiv umzusetzen, zur Ursache für die bisherigen Misserfolge. Schuld sei eine Governance-Krise. Im Jahr 1992 wurde der Governance-Begriff durch das Attribut „gut“ ergänzt und seitdem gilt Good Governance als Strategie für ein gutes Entwicklungsmanagement. In der deutschen Entwicklungspolitik stellt Good Governance aktuell einerseits eine wichtige politische Konditionalität dar und prägt andererseits deren Leitbild.