Rechtswidrige Daumenschrauben
Von Stephan Dünnwald
Die Kürzung von Leistungen gehört – neben Arbeits- und Ausbildungsverboten – zu den Daumenschrauben der Asylpolitik. Wer nicht kooperiert, zum Beispiel bei der Beschaffung von Papieren, oder wem zum Vorwurf gemacht wird, nur zum Bezug von Sozialleistungen nach Deutschland gekommen zu sein, der soll auch kein Geld bekommen. Geregelt ist das alles im Asylbewerberleistungsgesetz (AsylBLG), das 1993, während der letzten großen gesellschaftlichen Auseinandersetzung um Geflüchtete, beschlossen wurde.
Seitdem erhalten Geflüchtete geringere Leistungen als Sozialhilfeempfänger*innen. 2012 urteilte allerdings das Bundesverfassungsgericht nach langem Rechtsstreit, dass die Leistungen für Geflüchtete nicht ausreichend seien und auch Geflüchtete den Anspruch auf ein soziokulturelles Existenzminimum hätten. Dies ist über den Barbetrag geregelt, den Geflüchtete erhalten, das „Taschengeld“. Dieses Existenzminimum stehe auch Geflüchteten zu, sagten die Verfassungsrichter*innen, und prägten in dem Urteil den Satz: „Die Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren“.
Die Praxis sieht allerdings anders aus, besonders in den Erstaufnahmeeinrichtungen, Transitlagern und Rückführungszentren in Bayern. In Bamberg führte diese Praxis zu einer zähen Auseinandersetzung mit der städtischen Sozialbehörde. Im Herbst 2017 kritisierte der Bayerische Flüchtlingsrat, dass die Stadt Bamberg Geflüchteten rechtswidrig den Barbetrag kürze oder streiche. Betroffen waren unter anderem Geflüchtete, die in einem anderen EU-Staat registriert worden waren. Diesen warf die Stadt vor, nur nach Deutschland gekommen zu sein, weil sie Sozialleistungen beziehen wollten. Doch auch anderen Geflüchteten strich die Stadt Bamberg das Geld. Wer abgelehnt worden war (und damit ausreisepflichtig) lief in Bamberg Gefahr, vom Sozialamt ohne Geld zurück in die Unterkunft geschickt zu werden.