Was durch die sogenannte libysche Küstenwache passiert, ist nicht legal
Ein Interview von Agnes Andrae
Thomas Kunkel aus München war in den letzten eineinhalb Jahren mit Sea-Watch und Sea Eye als Arzt auf privaten Seenotrettungs-Missionen im Mittelmeer unterwegs. Im Gespräch berichtet er von seinen Erfahrungen aus Sicht eines Allgemeinmediziners und was ihn dabei so wütend macht.
Wie lief dein letzter Rettungseinsatz ab?
Der letzte Rettungseinsatz war Anfang Juni 2018, das war zugleich auch die vorläufig letzte Mission zu der die Sea-Watch-3 ausgelaufen ist. Wir waren zwei Wochen vor der libyschen Küste unterwegs, als unser Kapitän uns weckte, weil er morgens beim Wachwechsel irgendetwas am Horizont gesehen hatte. Letztendlich hat sich das als Schlauchboot entpuppt. Es war mit knapp 130 Leuten vollkommen überfüllt. Wir sind dann als Crew mit dem Schnellboot ins Wasser gegangen und haben Kontakt zum Schlauchboot aufgenommen,
Rettungswesten und Wasser verteilt und die Leute an Bord genommen. Da ging es schon los mit den poliischen Querelen, es dauerte mehrere Tage, bis uns Italien einen Hafen zuwies. Wir brachten die Gäste dann nach Reggio Calabria. Unterwegs nahmen wir noch Schiffbrüchige auf Anweisung der Leitstelle in Rom zusätzlich auf, die zunächst von einem zivilen Frachter aufgenommen worden waren. Der zivile Frachter war ein Bohrinselversorger und konnte die Menschen nicht versorgen, geschweige denn irgendwo hinbringen.
Wie viele Geflüchtete habt ihr dabei insgesamt auf der Sea- Watch aufgenommen?
Es waren etwa 255 Menschen bei uns an Bord. Im Notfall kann die Sea-Watch 3 – je nach Wetterlage – etwa 350 bis 450 Menschen aufnehmen.