Passau Under Pressure
Von Felix Balandat
Tausende Menschen kommen jeden Tag über Passau nach Deutschland. Die niederbayerische Stadt an der Grenze zu Österreich kämpft nach der Wiedereinführung der Grenzkontrollen damit, die wachsende Zahl an Asylsuchenden zu versorgen. Einige Geflüchtete haben sich mittlerweile politisch organisiert.
Manche Textstellen lassen sich noch entziffern: „Sie haben kein Anrecht auf…“ oder „Generelle Informationen zur Bestimmung des Flüchtlingsstatus in Ungarn“ steht auf den vom Regen durchweichten Papierfetzen, die verstreut in dem lichten Waldstück liegen. Im Unterholz verteilen sich Rucksäcke, eine Unterhose, Konserven, Zahnpastatuben. Ein matschiger Trampelpfad führt in die Stadt. Im Hintergrund rauscht die wenige Meter entfernte Autobahn.
Ausgesetzt an Orten wie diesem Parkplatz kurz vor der Abfahrt Passau-Mitte laufen Geflüchtete zu Fuß in die Stadt. In der Hoffnung eine Abschiebung zu erschweren, zerreißen einige ihre Unterlagen, die auf einen Aufenthalt in anderen EU-Ländern hinweisen. Mit der Wiedereinführung der Grenzkontrollen in Süddeutschland diesen September ist diese Route für viele mittlerweile versperrt. Hubschrauber der Bundespolizei und Polizeikontrollen auf Verbindungsstraßen in Grenznähe vermitteln das Bild einer Stadt im Ausnahmezustand. Ziel der Maßnahmen sei es laut Innenminister Thomas de Maizière „den derzeitigen Zustrom nach Deutschland zu begrenzen und wieder zu einem geordneten Ver- fahren bei der Einreise zu kommen“.
Vom Hauptbahnhof in die LKW-Garage
Abdulrahman Idris ist ein gefragter Mann. Viele der über 1000 Geflüchteten, die es allein am 20. September nach Passau geschafft haben, wollen von ihm wissen, wie es jetzt weitergeht. Idris arbeitet ehrenamtlich als Übersetzer für Kurdisch und Arabisch in dem Team aus Helferinnen und Helfern, das am Passauer Hauptbahnhof die Erstversorgung der Geflüchteten übernommen hat. Die Bundespolizei nimmt die Migrantinnen und Migranten in den aus Österreich kommenden Zügen in Gewahrsam und bringt sie vor das Bahnhofsgebäude. Dort warten sie auf Bierbänken unter Pavillons darauf, dass die Polizei sie in Bussen abtransportiert. In dieser Zeit teilen Freiwillige Obst und Getränke aus, Abdulrahman Idris läuft die Metallgitter ab und versucht die zahlreichen Fragen zu beantworten. Ein Polizeibeamter am Ende der Gitter spricht gebrochen Arabisch und weist die Wartenden zu einem Bus. Dieser bringt sie zu Hallen einer ehemaligen LKW- Garage, die als sogenannte „Clearingstelle“ genutzt werden.