Seid euch nicht sicher.
Von Gerda Groß und Human
Eine kämpferische Polemik
Die gegenwärtige Debatte zur sogenannten Flüchtlingskrise lässt ein enormes Sicherheitsbedürfnis in unserer Gesellschaft erkennen. Sicherheit für wen, und wogegen? Wer hegt welches Bedürfnis? Wem steht es zu, wem eher nicht? Worum geht es hier überhaupt? Antworten, manche davon ganz einfach, eine Kampfansage gegen Wellness-Flüchtlingshilfe und ein Aufruf zu echter Solidarisierung.
Worum geht es in der Debatte zur Flüchtlingskrise? Es geht um die Geflohenen selbst. Sie wollen begrüßt sowie in unser kompliziertes Land und unsere deutsche Sprache eingeführt werden. Es geht und ging, seit Köln, Würzburg, und seit Ansbach noch verschärft, andererseits um die Sicherheit von uns allen und der deutschen Frau im Speziellen. Es wabert – auch bei Gutmeinenden – die Frage durch den Raum, ob unsere durch Aufklärung gestählten kulturellen Werte und unsere abendländische Identität noch zu retten sind angesichts der hohen Zahl der Geflohenen und der kulturellen Übermacht des Muslimischen in dieser Gruppe, oder ob der IS nicht doch die Übernahme Kerneuropas mit den Geflohenen vorbereitet.
Dann geht es natürlich auch um die Sicherheit unseres guten Rufes und unseres Selbstverständnisses als weltoffenes, tolerantes Land. Der leidet, wenn ein durch neo-liberale Verwerfungen verängstigtes Kleinbürgertum in Scharen zu Pegida und zur AFD überläuft, im Netz pöbelt, als ob es kein Halten mehr gäbe, oder gleich persönlich am Asylbewerberheim tätig wird.
Und natürlich geht es auch um die Sicherheit unserer Sozialsysteme und unserer Konkurrenzfähigkeit im globalisierten Kapitalismus. Die Ängste unserer erschrockenen Volksgemeinschaft vor den Horden von Fremden und „Flüchtlingen“ können mit dem Verweis auf den demografischen Wandel und die Verwertbarkeit der Geflohenen beruhigt werden. Die Geflohenen sind eine Reserve-Arbeiter-Armee in demografisch angespannten Zeiten. Noch wissen wir nicht, wo wir sie in der Gesellschaft platzieren sollen, die Fremden, aber es wird unten sein. Zu unserer Sicherheit bleibt der Arbeitsmarkt zum größten Teil geschlossen.
Flüchtlingskrise Weg-Netzwerken: Verwaltungsapparat
Die Debatte über die „Flüchtlingskrise“ und unsere Sicherheit wogt hin und her. Und je nach medialer Großwetterlage weben unsere Politiker ein dichtes Netz aus Gesetzen. Zu unser aller Sicherheit ist der tiefe gesellschaftliche Verwaltungsraum von verschiedensten Grenzen, Lagern und Aufenthaltsabstufungen, Wohn- sitzauflagen und Arbeitsmarktzugängen durchzogen. Je nach Herkunft, Alter, Volkszugehörigkeit, Datum, Ort der Ein- oder Durchreise oder Art und Ort der Verwaltung. Das bayerische Integrationsgesetz ist nur ein weiterer Meilenstein in dieser Entwicklung. Der Kontinent und das Land: keine Festung. Ein von tausenderlei Grenzen gesichertes Territorium.