Helfer oder Halunken
Helfer oder Halunken?
Eine Betrachtung des Wandels von der Figur des „Fluchthelfers“ zur Figur des „Schleusers“.
Die Website „SCHLEUSER.NET“ irritiert. Denn dies ist die Internetpräsenz des „Bundesverband Schleppen & Schleusen“. Unverblümt präsentiert der Verband sich als „Lobbyorganisation für Wirtschafts-Unternehmen, die sich auf den undokumentierten, grenzüberschreitenden Personenverkehr spezialisiert haben“. Dieses offensive Auf – treten überrascht, hauptsächlich weil die Beihilfe zum undokumentierten Grenzübertritt strafbar, aber auch, weil der Begriff ‚Schleuser‘ selbst stark negativ konnotiert ist. Die Verwunderung erklärt sich auf den zweiten Blick, auf den sich der Bundesverband als interventionistisches Kunstprojekt entpuppt. Die Infragestellung des negativen Bildes von „Schleusern“ ist Ziel dieses Projekts. Angesichts der deutschen Migrationsdebatte der letzten Jahre ist eine kritische Betrachtung des Schleuser-Diskurses überfällig. Zudem wird bei näherer Betrachtung der Hilfe zum undokumentierten Grenzübertritt, also der „Schleusung“, deutlich, dass diese nicht immer verpönt und kriminalisiert war, sondern dass ihre Bewertung stark von den historisch-politischen Gegebenheiten abhängt.
Organisierte Kriminalität …
In Presseberichten werden „Schleuser“ häufig der organisierten Kriminalität zugerechnet. Sie werden als Banden beschrieben, die hohe Preise für ihre Dienste kassieren und ihnen ausgelieferte Menschen skrupellos in Lebensgefahr bringen. Häufig werden sie mit Menschenhandel in Verbindung gebracht. Auch staatliche Institutionen verbreiten diese negative Darstellung. Beispielsweise stellte Innenminister Hans-Peter Friedrich im Interview mit dem ARDMagazin ‚Panorama‘ im September 2013 „Schleuserbanden“ undifferenziert in den Kontext von „organisiertem Menschenhandel in jeder Form, Zwangsprostitution“ und erklärte alleine sie zu Schuldigen am Tod von Flüchtenden. Sein Vorgänger Wolfgang Schäuble hatte 2008 in einem Interview mit dem Deutschlandradio ebenso „den Schleuserbanden“ vorgeworfen, „wirklich organisierte Kriminalität, menschenverachtende organisierte Kriminalität [zu] betreiben“. Und dieses Bild ist es, gegen das der „Bundesverband Schleusen & Schleppen“ interveniert. Eines seiner Ziele ist „die Verbesserung des Images von ‚SchlepperInnen und SchleuserInnen‘ [und] die Richtigstellung der staatlichen Öffentlichkeitsarbeit“.