„Wir wollen zu bestimmten Bereichen einfach mehr Zugang haben“
Ein Interview von Matthias Weinzierl
„Wir wollen zu bestimmten Bereichen einfach mehr Zugang haben“
Tunay Önder ist zweite Vorsitzende des Tscherkessischen Kulturvereins München und in dieser Funktion sitzt sie seit knapp einem Jahr in einem Gremium, das sich zum Ziel gesetzt hat, die Vernetzung der Migrantenvereine in Bayern voranzutreiben. Ein Gespräch mit Matthias Weinzierl über biedere Strukturen,vernetzte Identitäten und tolle Spielwiesen
Seit einem Jahr gibt es Bestrebungen, ein Netzwerk der Migrantenorganisationen in München aufzubauen. Was darf man sich darunter vorstellen?
Das ist schwierig zu sagen, weil sich das Ganze gerade erst formiert. Es gibt momentan ein Kernteam mit Vertreterinnen und Vertretern aus etwa zwanzig Migrantenorganisationen. Die wussten jedoch anfangs nicht, dass sie ein Migrantennetzwerk gründen würden. Die Idee zu dem Netzwerk entstand dann im Laufe einer Qualifizierungsreihe. Die „Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte in Bayern“ hat für Migrantenvereine Gelder, wahrscheinlich vom Bund, locker gemacht. Warum? Migrantenvereine spielen eine wichtige Rolle bei der Integration, denn sie leisten viel ehrenamtliche Integrationsarbeit. Deshalb möchte man sie institutionell fördern, um sie mehr einzubinden. Das erste Angebot war diese Qualifizierungsreihe für Leute aus den Migrantenvereinen. Ich habe zum Beispiel an einem Seminar zu Sponsoring teilgenommen, aber es gab auch Seminare zu Selbstorganisation, zum Steuer und Vereinsrecht und viele mehr.
Wie kam es dann genau zu dieser Netzwerk-Idee?
Eine Frau von der Stelle für interkulturelle Arbeit der Stadt München berichtete auf den Seminaren vom „Stuttgarter Forum der Kulturen“, einem vor wenigen Jahren gegründeten Dachverband von Migrantenvereinen, der gute Arbeit macht. Eine richtige Institution, die ihr eigenes Magazin herausgibt und als Ansprechpartnerin für Schulen, für Ministerien und so weiter angesehen wird. Dann stand die Frage im Raum: Kann das ein Vorbild für uns sein? Hat so ein Zusammenschluss Sinn? Natürlich hat das Sinn. Ein tscherkessischer Verein alleine wird nicht erfolgreich die doppelte Staatsbürgerschaft einfordern können. Aber wenn sich alle Migrantenvereine zu einem Riesenverband zusammenschließen, dann kann man gemeinsam richtig Lobbyarbeit machen.
Welche Migrantenvereine haben sich daran beteiligt?
Das waren die unterschiedlichsten und untereinander nicht unbedingt wohlgesinnten Leute. Wenn ich mir das so aus dem Ärmel schütteln darf, dann waren das: Eine alevitische Kulturgemeinde, ein kurdischer Frauenverein, ein mesopotamischer Verein von irakischen Kurden, der tscherkessische Kulturverein, die Russische Jugend München e.V., ein griechisch-albanischer und ein uigurischer Verein. Die haben teilweise Ressentiments untereinan der, die wurden aber da erst einmal nicht ausgetragen.
Ein Netzwerk zu gründen ist wirklich nicht einfach. Wir sind ja alles Ehrenamtliche. Wir können uns nicht immer treffen. Und wie soll man sich selber organisieren? Wir wussten zunächst nicht, wofür so ein Netzwerk gut sein soll und ob wir überhaupt zusammenarbeiten wollen. Haben wir überhaupt einen gemeinsamen Nenner, abgesehen davon, dass wir Migrantinnen und Migranten sind? Können wir überhaupt gemeinsame Ziele entwickeln? Was wollen wir überhaupt? vernetzt 17