„Beste Demokratie, wo gibt“
Raus aus der „besten Demokratie, wo gibt“
Endlich daheim angekommen, dachte Çigdem Özdemir als sie in das Leben der faszinierenden Metropole Istanbul eintauchte. Doch schon bald kündigten sich irritierende Veränderungen an. Aber erst die willkür- lichen Verhaftungen von Tausenden von Menschen seit Juli 2016 machten ihr klar, dass ihre Tage in diesem Land gezählt sind.
2006, als sich Deutschland noch nicht „abschaffte”, hatte ich bereits schon seit Langem den Eindruck, trotz meines Studiums und meiner steilen Karriere in der Kundenbetreuung einer der damals größten Holdings Deutschlands, dass ich, die doch integriert zu sein schien, nicht angekommen war. Verglichen mit anderen, habe ich richtig krassen Rassismus wohl eher nicht erlebt. Aber kleine Sticheleien und das Lob „Sie sprechen aber gut Deutsch!“ konnte ich nicht mehr hören. Der alltägliche Rassismus war jedoch nicht der einzige Grund, der mich zum Gehen bewegte. Im Laufe meiner 33 Jahre war ich schon mehrmals umgezogen: als ich ein Jahr alt war, aus der südosttürkischen Provinz Gaziantep in das Dörfchen Hinter-Lehengericht in Baden-Württemberg, von dort in die fränkische Kleinstadt Röthenbach, dann nach Nürnberg. Und schließlich wohnte ich im armen aber sexy Berlin. Der Begriff Heimat hatte für mich keine Bedeutung, war eher ein abstrakter Begriff, den ich von Deutschen hörte, wenn wir mit der Familie in den Sommerferien in die Türkei reisten: „Na, geht’s in die Heimat?“