Die Maske fällt – und was da drunter ist, ist hässlich
Die Iranerin Laila Z., als Künstlerin im Bereich Kunst und digitale Medien in München und bundesweit zuhause, kam mit ihrer Familie 2001 – da war sie 15 – nach Deutschland. Mit ihren Verwandten, die größ- tenteils noch in Iran leben, hält sie engen Kontakt. Laila Z. berichtet, wie es ihnen derzeit geht, was sie sich wünschen und erinnert sich, wie es war, als sie noch dort lebte.
Wie kamen Sie nach Deutschland und warum?
Die Arbeit meines Vaters hat uns hierhergebracht. Außerdem wollte meine Familie den schlimmen Bedingungen Irans entfliehen, insbesondere denen für Frauen. Ich komme aus der gebildeten Schicht, die eher nach Europa oder nach Amerika emigriert und die sich das leisten kann.
Wie war das Leben für Sie in Iran?
Meine ersten Jahre habe ich als Kriegskind in Iran verbracht. Und auch danach war die Stimmung extrem heikel und gedrückt. Politische Themen bei Familientref- fen, im Freundeskreis, aber auch im öffentlichen Raum, beispiels- weise unterwegs im Taxi, waren gang und gäbe. Politik ist und war immer ein sehr aktiver, wichtiger Teil meines Lebens: Wer hat gerade was entschieden? Welche Folgen hat das für den Einzelnen? Das sind wichtige Fragen in Iran, haben große Auswirkungen auf den eigenen Alltag. Diese Wider- sprüche in der Gesellschaft zwischen dem streng islam-re- ligiösen Anspruch des Regimes und den säkularen Tendenzen anderer- seits in jedem Lebensbereich. Ich erinnere mich noch genau, wie es in der Schule war. Ständig ermahn- ten die betreuenden Damen dort: ,Mach doch mal dein Kopftuch richtig!‘ Das ist so normal, so üblich, wie wenn man im Schulhof gesagt bekommt: ,Sei leise oder hör‘ auf zu rennen.‘
Das Kopftuch der 22-jährigen iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini und deren ungeklärter Tod wenige Tage nach ihrer Festnahme durch die Sittenpolizei waren der Anlass
heftiger Proteste, die das ganze Land erfassten. Wie kam es dazu?
Wie schon gesagt, viele Frauen werden täglich von der Sitten- polizei angehalten, damit sie ihr Kopftuch neu drapieren. Zumeist lassen die Sittenwächter einen dann weiter gehen. Es kann aber auch passieren, dass du Geld zahlen musst oder sogar mitgenommen wirst. Dann drohen Gefängnisstrafen und Peitschen- hiebe. Mich macht das nervös, wenn ich in Iran bin. Manche Mädchen aber schreien inzwischen zurück: ,Nein, was willst du von mir!‘ Ich war nicht dabei, als Jina Mahsa Amini verhaftet wurde. Aber es gibt den Videoclip aus dem Gewahrsam. Jina Mahsa Amini scheint alles richtig gemacht zu haben. Es war so unfair, diese Frau aufzuhalten, reine Willkür. Und dann die vielen Lügen, die danach
ist hässlich“ kamen. Die Maske fällt und was da drunter ist, ist hässlich. Die Menschen in Iran haben einfach genug. Genug vom Unrecht, das tagtäglich dort passiert.