Durch die Sahara und dann ins Boot?
Von Uche Akpulu
Durch die Sahara und dann ins Boot?
Über mediale Fluchtwegmärchen und reales Migrationsmanagement.
Ein erster Eindruck eines in Deutschland angekommenen afrikanischen Flüchtlings ist die Frage, welche Wege ihn denn nach Deutschland führten. Eine Antwort wie „die Flugzeuglinie“ ist enttäuschend. Gerne hätte man Erzählungen von einer Odyssee durch Meer und Wüste gehört. Hintergründe zu tatsächlichen Fluchtwegen und ihren Ursachen.
Dass ein afrikanischer Flüchtling unzweifelhaft die Sahara und den Atlantik bzw. das Mittelmeer überquert haben muss, um nach Europa zu gelangen, ist längst derart im europäischen Bewusstsein verankert, dass sogar das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) davon ausgeht, dass alle afrikanischen Flüchtlinge, die keine Einreisedokumente vorweisen können, auf diesem Weg nach Deutschland gekommen sein müssen. Auf diese Annahme stützt sich auch der Vermerk zahlreicher BAMF-Bescheide. Einen Beweis kann das Amt zwar nicht vorweisen, aber der Vermerk bringt dem Amt einen entscheidenden Vorteil. Denn nach der europäischen Dublin II Verordnung zur Durchführung von Asylverfahren, die seit März 2003 in Kraft getreten ist, kann ein Flüchtling, der kein Einreisedokument hat, sofort in das Land abgeschoben werden, aus dem er angeblich eingereist ist.
Die Behauptung, dass alle afrikanischen Flüchtlinge übers Meer nach Europa gekommen seien, entspringt den jüngsten Bemühungen des „Migrationsmanagements“ der EU, die einzig zum Ziel haben, die sogenannte „illegale“ Migration nach Europa zu verhindern. Das Fluchtwegmärchen wurde von den europäischen Medien dann groß- zügig verbreitet, gestützt durch die mediale Aufbereitung der katastrophalen Ereignisse in den spanischen Exklaven Ceuta und Melilla und auf der italienischen Insel Lampedusa. Die Bilder von erschöpften Flüchtlingen oder gar Leichen, die an den Küsten angespült werden, in Verbindung mit alarmierende Schlagzeilen über die Eroberung Europas durch Massen von afrikanische Flüchtlingen, bleiben immer in den Köpfen. Und bei den seltenen Begegnungen mit echte Flüchtlingen ist dann die Enttäuschung groß, wenn der beschriebene Fluchtweg nicht mit den Bildern im Kopf übereinstimmt.