Festhalten und zurückschicken
Die Zukunft des Europäischen Asylsystems
Eine neue Studie zeigt, was auf Geflüchtete zukommt
Der Blick auf die griechischen Ägäis-Inseln ist ein Blick in die Zukunft des Europäischen Asylsystem. Lager wie hier soll es bald in vielen europäischen Ländern und EU-Nachbarstaaten geben. Von den katastrophalen Bedingungen, vor allem im Camp Moria auf Lesbos, ist viel berichtet worden. Über die Verletzung der Rechte von Geflüchteten in den speziellen Schnellverfahren, die dort durchgeführt werden, ist dagegen wenig bekannt.
Die Grüne Fraktion im Europaparlament hat deshalb zwei griechische Asylrechtsanwält*innen mit einer Studie beauftragt, die im Juni unter dem Titel „The EU- Turkey Statement and the Greek Hotspots – A failed European Pilot Project in Refugee Policy“ erschienen ist („Die EU-Türkei-Vereinbarung und die griechischen Hotspots – Ein gescheitertes Pilotprojekt der europäischen Flüchtlingspolitik“). Erstmals werden hier die Auswirkungen der EU-Türkei-Vereinbarung auf die Asylverfahren in den griechischen Hotspots untersucht.
Das hört sich sehr nach juristischem Spezialwissen an, ist aber von großer politischer Bedeutung. Gescheitert ist das Pilotprojekt nämlich insbesondere in Bezug auf die Einhaltung von Völkerrecht und Rechtsstaatsprinzipien einerseits, sowie andererseits in Bezug auf sein Hauptziel: effiziente und schnelle Rückführungen in die Türkei. Effizient sind die Verfahren nicht, und sie
haben bisher auch nur zu wenigen Rückführungen von syrischen Geflüchteten geführt. Das informelle politische Ziel – Abschreckung – wird zur Zeit nicht durch Rückführungen, sondern durch die katastrophalen Lebensbedingungen auf den Inseln erreicht. Das Sinken der Zugangszahlen ist die Folge der Ab- schottung der türkischen Grenze nach Syrien und der Überwachung der türkischen Ägäisküste. Trotz alledem wird an dem Hotspot-Konzept, so wie es in Griechenland umgesetzt wird, als Modell festgehalten.
Hotspots wurden 2015 konzipiert und in Italien und auf fünf griechischen Inseln in der Ägäis eingerichtet. Ursprünglich waren sie als Zentren konzipiert worden, in denen mit Hilfe der Agenturen Frontex und EASO (Europäisches Unterstützungsbüro für Asylfragen) Ankommende gesammelt, registriert und dann zur Durchführung der Asylverfahren weiter verteilt werden. In der Folge des EU-Türkei-Deals haben sich Ziel und Struktur der griechischen Lager grundlegend geändert. Es geht nicht mehr um Weiterverteilen, sondern um Festhalten und Zurückschicken.