Geflüchtete besser vor rassistischer Gewalt schützen
Ein Gastbeitrag von Alexander Bosch
Straftaten gegen Geflohene und Flüchtlingsunterkünfte in der Bundesrepublik nehmen stark zu. Amnesty International hat im Sommer diesen Jahres einen Bericht darüber veröffentlicht. Die Ergebnisse verdeutlichen vor allem: Sicherheitsbehörden versagen beim Schutz Geflohener vor rassistischer Gewalt.
2015 kamen etwa eine Million Menschen nach Deutschland, um hier Schutz zu suchen. Viele freiwillige Helferinnen und Helfer empfingen die Ankommenden mit offenen Armen und taten und tun gemeinsam mit den Kommunen ihr Möglichstes, um sie unterzubringen und zu versorgen. Symbolisch für diese ‚Willkommenskultur‘ stehen auch die Bilder vom Münchner Hauptbahnhof, wo unzählige Menschen die Geflüchteten willkommen hießen und sich ehrenamtlich engagierten.
Parallel setzte jedoch eine gegenläufige negative Entwicklung ein, die bis heute anhält: Im gesamten Bundesgebiet haben Angriffe gegen Geflüchtete und ihre Unterkünfte seit dem vergangenen Jahr dramatisch zugenommen. Im letzten Jahr verzeichneten die Behörden 1.031 rassistisch motivierte Straftaten gegen Flüchtlingsunterkünfte, fünfmal mehr als 2014 (199 Delikte) und 16-mal mehr als 2013 (63 Delikte). Allein im ersten Halbjahr 2016 meldeten die Behörden bereits 563 rassistisch motivierte Straftaten gegen Flüchtlingsunterkünfte.
Die Unterkünfte werden angezündet oder mit rechten Parolen beschmiert, Flüchtlinge auf offener Straße rassistisch beschimpft und tätlich angegriffen. Anwohner protestieren so vehement gegen Flüchtlingsunterkünfte in ihrer Nachbarschaft, dass ihren Forderungen schließlich nachgegeben wird, weil die Sicherheit der Geflüchteten dort teilweise nicht mehr gewährleistet werden kann. In Deutschland ist ein gesellschaftliches Klima entstanden, das es so seit den schrecklichen Ausschreitungen in Hoyerswerda und Rostock-Lichtenhagen vor fast genau 25 Jahren nicht mehr gegeben hat.
Auch Bayern stellt hierbei keine Ausnahme dar: Im Jahr 2015 wurden hier 77 Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte registriert, das sind dreimal so viele wie im Vorjahr. Auch rassistisch motivierte Straftaten sowie Einschüchterungsversuche und Bedrohungen von Rechts haben in Bayern enorm zugenommen. Gleichzeitig liegt die Aufklärungsquote bei diesen Straftaten bei 16 Prozent.
Die deutschen Behörden, insbesondere auf Bundesebene, haben das Problem durchaus erkannt. Seit Anfang 2014 werden alle mutmaßlichen rassistischen Angriffe gegen Flüchtlingsunterkünfte regelmäßig von den Bundesbehörden untersucht. Am 17. März 2016 äußerten die Justizministerinnen und Justizminister der 16 Bundesländer und der Bundesjustizminister gemeinsam ihre ernsthafte Besorgnis angesichts der Zunahme rassistischer Straftaten und forderten eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Behörden.
Viele Asylsuchende und Flüchtlinge, die von rassistischer Gewalt betroffen waren, berichteten Amnesty, dass sie in Angst leben und sich in den Städten oder Vierteln, in denen sie wohnen, nicht sicher fühlen.