Grußwort: Brigitte Meyer
Sehr geehrte Damen und Herren,
Menschen, die aufgrund von Krieg, politischer Verfolgung, Misshandlung oder anderen Umständen aus ihrer Heimat fliehen, haben viel Leid ertragen. Ihre Situation im Heimatland ist so aussichtslos, dass sie den weiten, gefährlichen Weg der Flucht einschlagen im Bewusstsein, nie zurückzukehren und all die Verwandten und Freunde für immer zu verlassen.
Entwurzelt, geschockt von den Erlebnissen und körperlich ausgemergelt kommen diese Menschen in Deutschland an. Kritischen Stimmen soll an dieser Stelle gesagt werden: Niemand verlässt grundlos sein Heimatland. Nach der Genfer Flüchtlingskonvention sowie auf Grund unseres Grund- sowie Aufenthaltsgesetzes sind wir verpflichtet, Menschen, die aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung geflohen sind, als Flüchtlinge anzuerkennen. Doch für mich als Sozialpolitikerin ist es auch eine Frage der Menschlichkeit, diese Menschen offen zu empfangen und sie bei der Bewältigung ihrer Erlebnisse sowie beim Aufbau eines neuen Lebens zu unterstützen.
Die Situation für Asylbewerber in Bayern hat in den letzten Monaten zahlreiche Besserungen erfahren: Bislang mussten Asylbewerber viele lange Jahre in trostlosen, beengten Gemeinschaftsunterkünften ohne Privatsphäre wohnen. Seit dem Asylkompromiss vom Sommer 2010 sollen Familien nach Abschluss des Erstverfahrens eine eigene Wohnung beziehen dürfen. Alle anderen Asylbewohner nach einer Zeit von vier Jahren. Der Bezug einer eigenen Wohnung ist in meinen Augen ein erster wichtiger Schritt zurück in die Selbständigkeit. Verbesserungen gibt es auch für Asylbewerber, welche durch ihre Erlebnisse traumatisiert bei uns ankommen. In zwei Diagnosestellen der Erstaufnahmeeinrichtungen München und Zirndorf können sie jetzt psychologisch untersucht und bei Therapiebedarf an einen Therapieplatz vermittelt werden. Die Essenspakete, welche eine besondere Entmündigung darstellen, werden derzeit auf Bundesebene evaluiert, verbunden mit der Hoffnung, dass am Ende des Verfahrens Gelder oder Gutscheine die Essenspakete ersetzen.
Besonderen Schutz verdienen meiner Meinung nach unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Seit der Rücknahme der Vorbehaltserklärung zur UN-Kinderrechtskonvention genießen nun auch jugendliche Asylbewerber die vollen Kinderrechte. Dies schließt meines Dafürhaltens auch die Unterbringung in GUs aus. Jugendliche, welche mitten in ihrer Identitätssuche entwurzelt worden sind, brauchen ganz besondere Unterstützung und sollten zukünftig den örtlichen Jugendhilfemaßnahmen zugeführt werden.
Bildung ist ein wichtiges Gut und Recht. Daher sollten Asylbewerber weitestgehend Zugang zu Bildung haben. Erfreulich ist, dass Kinder von Asylbewerbern, welche schon seit mindestens vier Jahren bei uns sind, vom neuen Bildungs- und Teilhabepaket profitieren. Wünschenswert wäre jedoch ein noch breiterer Zugang für alle Kinder: viele Kinder bleiben für lange Zeit in Deutschland, möglicherweise für immer, und all die ungenutzten Jahre sind schwer wieder aufzuholen. Diese Kinder sind gebildet und aufgewachsen in einem demokratischen Land und können, wenn sie wieder in ihr Heimatland zurückgehen, ihre Erfahrungen dort einfließen lassen.