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Von Anke Schwarzer
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Die BRD hat im Moment mit über 30 europäischen und außereuropäischen Staaten Abschiebeverträge geschlossen. Auch die EU forciert Rückübernahmeabkommen. In den Verhandlungen können beide ihre machtvolle Position in die Waagschale werfen.
Das Bild ist abgegriffen. Es vermag auch in seiner altbackenen Symbolik das hochtechnisierte Migrationsregime mit seinen filigranen Zugangsschleusen und breiten Ausgängen nicht mehr ausreichend abzubilden. Aber sie steht noch: die Festung Europa. Sie hat hohe Mauern gezogen, Gräben ausgehoben und Türen verschlossen. Aus den Scharten wird scharf geschossen1 . Die Festung ist robust. Gleichwohl finden Menschen, die das gefährliche Wasser vor der Burg überqueren oder mit dem Flugzeug im Innern landen, offene Luken. Durch sie können sie in die Festung gelangen, sei es für kurze Zeit, sei es dauerhaft. Manche Öffnungen haben Migrantinnen und Migranten entdeckt und erweitert, andere wiederum haben die Staaten der Europäischen Union (EU) selbst eingebaut, etwa für Hochqualifizierte, für kleinere Flüchtlingskontingente und Fachkräfte. Die Festung Europa hat das Glacis vor ihrer Mauer, also das abschüssige und keine Deckung zulassende Schussfeld, auf tausende Kilometer verlängert. Es reicht bis weit nach Russland, zieht sich über den Balkan, hinter die Türkei bis weit nach Asien und Afrika. Die modernen Ritterinnen und Ritter der Menschenabwehr und -selektion entsenden Frontex-Schiffe, spannen diktatorische Regimes für ihre Kontrolldienste und Ausreiseverbote ein, finanzieren Polizeiausrüstung, beobachten Migrationsrouten, errichten Lager, Bewegungsmelder und Mauern.
Zu dieser langgestreckten Glacis jenseits der EU gehört auch ein Geflecht staatlicher Abkommen und diplomatischer Absprachen, die sich um Migrationskontrolle, Abschiebungserleichterungen, Entwicklungsgelder, Rückkehrprojekte, Visaregelungen und Beitritte zur EU drehen. Um ungebetene Gäste oder herbei gelockte Menschen nach einiger Zeit wieder loszuwerden, benutzen Deutschland und andere Länder schon seit vielen Jahren das Instrument der Rück- übernahmeabkommen – auch bekannt als Rückführungsabkommen oder Rücknahmeabkommen. Ein solcher völkerrechtlicher Vertrag zwischen zwei oder mehreren Ländern regelt die Abschiebung oder Ausweisung von Menschen, die keinen gültigen Aufenthaltsstatus (mehr) haben.
Die Durchsetzung der „Ausreisepflicht“
Die Bundesrepublik Deutschland hat mit über 30 europäischen und außereuropäischen Staaten Abschiebeverträge geschlossen. Ziel dieser Abkommen sei die „Vereinfachung des Rückübernahmeverfahrens“ – und damit die „effektive Durchsetzung der Ausreisepflicht“, so das Bundesinnenministerium. Nach der Auffassung des Ministeriums müsse grundsätzlich jeder Staat seine Staatsangehörigen aufnehmen; dies sei durch das Völkerrecht legitimiert.
Doch im Alltag der Abschiebebehörden läuft nicht alles reibungslos: Es fehlen Papiere, es mangelt an Transitregelungen und Verfahren zur Feststellung der Staatsangehörigkeit. Manchmal zeigen sich einige Staaten schlicht nicht bereit, willfährig die Abschiebung eigener Bür – gerinnen und Bürger aus den reichen Ländern zu unterstützen. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn Geldüberweisungen der Ausgewanderten an die Familien großes Gewicht haben oder Migrantinnen und Migranten innenpolitisch eine starke Lobby darstellen, etwa vor Wahlen.