Sehr geehrter Herr Staatsminister Herrmann, lieber Joachim
Von Tom Reiss
Ich schreibe Ihnen heute im Auftrag der gesamten Hinterland-Redaktion. Wir hoffen sehr, dass dieser Brief Sie bei guter Gesundheit erreicht; um unser Anliegen kurz zusammenzufassen: Wir sehnen uns nach Ihnen!
Nun sind Sie ein erfahrener Staatsmann, eleganter Tänzer auf dem Parkett der internationalen Politik, eine Figur des öffentlichen Lebens – kurz, Sie haben schon Einiges erlebt und sind mit allen Wassern gewaschen, dementsprechend wittern Sie bestimmt bereits Sarkasmus, Spott, ja einen Spaß, den wir uns auf Ihre Kosten erlauben möchten. Das ist Ihnen auch kaum übel zu nehmen – oft sitzt uns der Schalk im Nacken, ich gebe es zu. Aber bitte glauben Sie mir, es ist uns sehr ernst mit diesem Schreiben. Wir sind betrübt darüber, dass unser Verhältnis zueinander offenbar so kaputt ist, dass wir nicht einmal miteinander sprechen können.
Wie Sie sich vielleicht erinnern – und wir wissen, Sie sind schwer beschäftigt – haben wir im Laufe des vergangenen Jahres mehrmals versucht, Sie zu einem Interview mit uns zu bewegen. Wir dachten uns: „Unser Thema ist Geflüchtete; Herr Staatsminister Herrmanns Thema ist Geflüchtete; bestimmt haben wir uns viel zu erzählen!“ Vielleicht können Sie sich vorstellen, wie groß dann unsere Enttäuschung war, als es wieder und wieder nichts mit uns wurde. Selbst Ihre Sekretärin hatte spürbar Mitleid mit uns.