Unerzählte Teile der Geschichte
Ein Interview von Hamado Dipama
Unerzählte Teile der Geschichte
Grada Kilomba ist unter anderem Autorin des Buches Plantation Memories, erschienen 2008 im Unrast Verlag: Eine Zusammenstellung von Episoden des alltäglichen Rassismus in Form psychoanalytischer Kurzgeschichten. Das Werk erfuhr im Rahmen des Internationalen Literaturfestivals in Berlin weltweite Anerkennung. Im Interview spricht sie über die Alltäglichkeit von Rassismus
Du bist Autorin von Essays wie „The Mask“,„Das N-Wort“ oder Büchern wie „Plantation Memories“. Sie thematisieren die Negationen des menschlichen Verstandes: Versklavung, Kolonialismus, Rassismus. Klassische Bücher können leichter und noch beliebter sein, als diese engagierten Bücher. Wie ist die Entscheidung entstanden?
Genau kann ich das nicht sagen. Was ich sagen kann, ist ,dass ich über das, was mich fasziniert, schreibe. In meiner literarischen Arbeit beschäftige ich mich mit Fragen und Gedanken, die mich faszinieren und die mir erlauben meine Realität und meine Geschichte in einer kreativen Form besser zu verstehen.
Kolonialismus zum Beispiel scheint ein Teil der Vergangenheit zu sein, dabei ist Kolonialismus eng mit der Gegenwart verbunden. Es ist wie ein ‚Gespenst‘, das unsere Gegenwart und unsere Zukunft ständig heimsucht und immer wieder unterbricht, weil Geschichte nicht ‚richtig‘ erzählt wurde. Schreiben ist für mich eine Form diese unerzählten Teile der Geschichte zu verstehen, um meine Gegenwart reicher zu gestalten. Und ich glaube, dass solche engagierten Bücher nicht nur die Autorin faszinieren, sondern auch die Leser, die diese Zusammenhänge verstehen wollen.
Du sagst in deinem Buch Plantation Memories:„Das ‚NWort‘ ist kein neutrales Wort, es ist ein weißes Konzept…es ist ein Begriff, welcher mit Brutalität, Verwundung und Schmerzen einhergeht. Diese Erfahrungen werden in der Psychoanalyse als Trauma definiert“. Was sagst du, wenn bayerische Gaststätten auf ihren Getränkekarten das „N-Wort“ als Getränkebezeichnung nutzen?