„Wir schaffen das“ (nicht?)
Von Jost Herrmann
Mit dem großen Zuzug von Flüchtlingen entwickelte sich in Deutschland schon ab 2013 eine ganz neue Sozialform: die Helfer*innen – bzw. Unterstützer*innenkreise. Sie ermöglichte, dass viele motivierte Menschen, unbürokratisch, eigenverantwortlich, spontan und flexibel mithelfen konnten. Das zivilgesellschaftliche Ehrenamt wurde neu erfunden. Es verstand sich als Ergänzung zur Politik, aber schon von Beginn an auch als Gegenüber, als Opposition. Ohne es zu wissen waren die Helfer*innenkreise schon immer politisch.
Die Welt schaute verblüfft auf Deutschland. Was sich im Sommer 2015 am Münchener Hauptbahnhof und an vielen anderen Orten Deutschlands schon zwei Jahre zuvor ereignete, war so nicht zu erwarten gewesen. Überall fanden sich spontan Helfer*innen ein, anfangs mehr als eigentlich gebraucht wurden, sogar oft mehr als Flüchtlinge einer Gemeinde zugeteilt waren. Sie wollten anpacken und damit Deutschland ein freundliches Gesicht geben.
Im Winter 2017/2018 kehrte an vielen Orten Ernüchterung ein. Die Zahl der Ehrenamtlichen ist etwa um 30% – 50% zurückgegangen. Besonders kleinen Helfer*innenkreisen macht dieser Schwund zu schaffen. Einzelne Helfer*innenkreise lösten sich ganz auf. Zurück bleibt: Ratlosigkeit. Dieser drastische Rückgang wäre vermeidbar gewesen. Manches müsste dringend wieder zurechtgebogen werden. Eins scheint allen klar: Die Helfer*innenkreise leisten weiterhin unverzichtbare Arbeit, damit neu zugewanderte Menschen in Deutschland Fuß fassen können und ihren Platz finden. Damit dieses gesamtgesellschaftliche Ziel der „Integration“ gut gelingen kann, sind jedoch auch die Helfer*innen auf Unterstützung angewiesen.