zitiert – kommentiert
Von Hubert Heinhold
„Arm bin ich geworden an
eurer bettelnden Wohltat.“
(Else Lasker-Schüler)
„Leistungsberechtigt nach diesem Gesetz
sind Ausländer, die […] eine
Aufenthaltsgestattung […] besitzen.“
(§ 1 I Nr. 1 AsylbLG)
Die Dichterin weiß, was Normalbürgerin und Normalbürger ahnen: Nicht jede „Wohltat“ ist eine solche.
Dies gilt auch für staatliche Leistungen.
Das Asylbewerberleistungsgesetz ist ein Beispiel hierfür. Sein Ziel ist die Schlechterstellung der Asylbewerberinnen und Asylbewerber gegenüber anderen Sozialhilfeberechtigten. Dies ist kein Einzelfall, sondern ein generelles Muster. Asylbewerberinnen und Asylbewerber werden unter dem Etikett der staatlichen Fürsorge vom Tag der Einreise bis zur Anerkennung der Schutzberechtigung oder dem Tag der Ausreise einem dirigistischen Regime unterworfen. Lagerunterbringung, Zwangsversorgung, Residenzpflicht und Abschiebung sind nur einige herausragende Beispiele des paternalistischen Vorgehens seitens des Staates. Es offenbart ein vor-demokratisches Verständnis.
Dies trifft nicht nur Asylbewerberinnen und Asylbewerber. Oft werden Einzelne nicht als „Bürger“ oder, allgemeiner gesagt, Teil einer Gesellschaftsordnung, die das Gemeinwesen erst bildet, begriffen, sondern als Untertanen. Die Maßnahmen und Regelungen, die zu ihrem „Wohl“ ergehen, haben vor allem eine Funktion, nämlich die Sicherung der staatlichen Interessen und letztlich der Macht der Bürokratie. Der Eigensinn, die Eigenverantwortung und die Selbstsorge des Individuums erlahmen als Folge. Entsolidarisierung und Lenkbarkeit werden gefördert, eine streitbare Demokratie wird so verhindert.<