zitiert & kommentiert
Von Hubert Heinhold
Merkel will Abschiebungen
deutlich beschleunigen.“
(Spiegel online vom 8. Februar 2017)
„Bundestag beschließt Maßnahmen
zur effektiven Abschiebung.“
(FAZ vom 6. Juni 2017)
Die Euphorie des Willkommens-Sommers ist verflogen, der Herbst der Gesetzesverschärfungen ist vom Frost der Abschiebungen abgelöst. Die Polizist*innen halten für die Geflüchteten nicht mehr Getränke und Blumen be reit, sondern den Polizeiknüppel, den sie notfalls auch an der Schule herausholen. Das berühmte Zitat „Wir schaffen das!“ hat einen neuen Inhalt bekommen.
Wer nicht meint, das Ideal der „einen Welt ohne Grenzen“ sofort verwirklichen zu können, auch wenn die Realität eher die ist, dass Kleinstaaterei und Länder-Egoismen wachsen, wird Abschiebungen nicht ausschließen können. Das bedeutet aber nicht, dieses im Einzelfall un- vermeidliche Übel zum Maßstab der Politik zu machen. Fast jede* Politiker*in – nicht nur die einschlägig Verdächtigen – meint heute aber „Härte“ und „Konsequenz“ bei der Abschiebung fordern zu müssen. Die angeblichen Versäumnisse der Vergangenheit sollen ohne RüCksichtnahme auf den Einzelfall nachgeholt werden. Die Steigerung der Abschiebezahlen und nicht die Würde des Menschen ist ihnen Richtschnur.
Afghanistan liefert hierfür den Beweis. In den letzten Jahren wurden kaum Abschiebungen dorthin exerziert, weil jede* wusste, dass das Land unsicher und voller Gefahren ist – und nicht deshalb, weil die Polizei die afghani- schen Menschen vergessen hätte. Derzeit nehmen die Bürgerkriegsauseinandersetzungen zu und die Zahl der zivilen Opfer eilt von Rekord zu Rekord. Nun jedoch treibt die Politik,- von der Bundeskanzlerin über die Innenminister bis zu den Hinterbänklern – die Länderbehörden zur Steigerung der Abschiebungszahlen an. Die Menschen werden trotz jahrelangem Aufenthalt und weitgehender Integration aus der Ausbildung geholt; Alte und Kranke werden mit Hilfe ärztlicher Atteste, die ihnen Flugtauglichkeit bescheinigen, Hals über Kopf zum Flieger geschafft.