zitiert – kommentiert
Von Hubert Heinhold
„Man reist ja nicht, um anzukommen, sondern um zu reisen.“
(Caroline Herder, Briefe, 8. September 1788)
„Das Leben ist eine Brücke – gehe über sie hinweg, aber baue kein Haus darauf.“
(indisches Sprichwort)
Die Reise als Selbstzweck war und ist das Privileg der Begüterten. Die Bildungsreisenden des 18. und 19. Jahrhunderts wollten nicht nur fremde Länder und Sitten kennenlernen und so ihren Horizont erweitern. Sie wollten auch Abstand von ihren Alltagsgeschäften und dem persönlichen Umfeld gewinnen oder auch nur die Langeweile ihres Alltags durch den Reiz des Abenteuers konterkarieren. Das Reisen war beschwerlich und sollte es sein.
Für den heutigen Pauschalreisenden gilt bei Androhung einer Schadensersatzklage das Gegenteil. Er will es am liebsten so wie daheim. Er sucht ein AllInclusive-Buffet, besseres Wetter und Fun auf einer Vergnügungsmeile. Die Reise als Selbstzweck beschreibt jedoch nur eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite sehen wir, dass Reisen Fortschritt bedeutet. Mit dem aufrechten Gang entwickelte sich der Mensch, verließ seine Höhle, besiedelte von Afrika aus die Erde. Die spanischen und portugiesischen Konquistadoren brachten den indogenen Völkern den fragwürdigen Fortschritt unserer Zivilisation. Die Versuche, das Weltall zu erobern, überwinden die Grenzen unseres Planeten.
Aber auch auf unserer Erde gibt es Bewegung. Über 40 Millionen Flüchtlinge sind weltweit unterwegs. Sie haben ihr Herkommen infrage gestellt und bringen es mit. Andere Sichtweisen und Vorstellungen amalgamieren mit unseren, Neues entsteht. Die politische Flucht, die Armutswanderung und künftig auch die Umwelt-Migration zu beklagen, durch Mauern und Militär stoppen zu wollen, ist nicht nur vergeblich, sondern auch dumm.
Migration ist die Hefe der gesellschaftlichen Entwicklung. Sie zwingt uns, den Reichtum zu teilen oder durch Erfindergeist allen Menschen ein erträgliches Leben auf diesem Planeten zu schaffen .<